Management-Zusammenfassung dieses Beitrags:
Den Schlagworten “Komplexität” und “Kompliziert” begegnet man häufig — auch im beruflichen Kontext.
In diesem Beitrag werden die beiden Begriffe erläutert und Anwendungsfälle benannt.
Den Schlagworten “Komplexität” und “Kompliziert” begegnet man im Umfeld der Produktentwicklung und in Projekten häufig. Sie werden zur Charakterisierung von Sachverhalten oder Systemen herangezogen und liefern dann Anhaltspunkte für ein abgeleitetes Vorgehen. Leider werden die beiden Begriffe “komplex” und “kompliziert” recht inflationär eingesetzt und als Begründung für alles Mögliche verwendet, sodass darauf aufbauende Beschreibungen dann keine große Hilfestellung mehr bieten.
1. Einleitung und Grundlagen
In der Wikipedia steht zur Komplexität /#Wiki-Komplexität/:
“Komplexität (lateinisch complexum, Partizip Perfekt von complecti “umschlingen”, “umfassen” oder “zusammenfassen”) bezeichnet das Verhalten eines Systems oder Modells, dessen viele Komponenten auf verschiedene Weise miteinander interagieren können, nur lokalen Regeln folgen und denen Instruktionen höherer Ebenen unbekannt sind. Bei dem Begriff handelt es sich um ein Kompositum aus der Präposition lateinisch cum “mit”, oder “zusammen mit” und plectere “flechten” oder “ineinanderfügen” im Sinne von “verflochten”, “verwoben”.”
Das → PMI definiert /PBG21‑d/:
“Komplexität / Complexity: Eigenschaft eines Programms oder Projekts oder seiner Umgebung, die aufgrund von menschlichem Verhalten, Systemverhalten und Mehrdeutigkeit schwer zu handhaben ist.”
Vielfach werden zur Einordnung von Systemen, Sachverhalten oder Problemen die Begriffe einfach, kompliziert, komplex und chaotisch gegenübergestellt (→ Abbildungen 1.1 und 1.2). Bei beiden Grafiken wird die Dynamik zu der Anzahl der Elemente (die sich im System befinden) in Relation gebracht.
Abbildung 1.1: Von einfach bis chaotisch: Einordnung
Die in Abbildung 1.2 dargestellte Anordnung wird auch als Stacey-→ Matrix (nach Ralph Stacey /Stacey96/) bezeichnet.
Abbildung 1.2: Von einfach bis chaotisch: Diagramm-Darstellung
Generell sind diese Darstellungen immer qualitativ und dienen nur der Orientierung. Wann ein System eine hohe Dynamik oder eine hohe Anzahl von Elementen aufweist, wird nicht beschrieben.
Sehr häufig zu finden ist die Matrix-Darstellung, die in Abbildung 1.3 wiedergegeben ist.
Abbildung 1.3: Von einfach bis chaotisch: Matrix-Darstellung
2. Einsatz
Wird ein Sachverhalt / eine Aufgabe als kompliziert eingestuft, so kann er anders behandelt werden als ein komplexer Sachverhalt. Generell gilt:
- Einfache Sachverhalte können auch mit einfachen Mitteln gelöst oder bearbeitet werden
- Ist ein Sachverhalt kompliziert, so kann er dennoch gelöst werden. Hierzu gibt es dann häufig strukturierte Vorgehensweisen, die eingesetzt werden können — dies ist das Arbeitsfeld des klassischen Projektmanagements
- Komplexe Sachverhalte verlangen spezielle Vorgehensweisen, die häufig als “adaptiv” bezeichnet werden, da sie schrittweise an das → Problem herangehen und dabei das eigene Vorgehen der geänderten Situation anpassen
- Chaotische Sachverhalte sind kaum beherrsch- oder entwickelbar: Hier kommt häufig ein Vorgehen nach dem Prinzip “Versuch und → Irrtum” (Trial and Error) zum Einsatz
In Abbildung 2.1 sind Vorgehensweisen den vier Aufgabentypen zugeordnet.
Abbildung 2.1: Vorgehensweisen bei komplizierten und komplexen Aufgaben
3. Abschließende Bemerkungen
- Der Begriff “komplex” wird häufig als Argument dafür eingesetzt, etwas nicht zu tun. Daher sollten Sachverhalte hinterfragt werden, die vermeintlich komplex sind
- Die Betrachtungen dieses Beitrags lassen sich dem (übergeordneten) Themengebiet “System Dynamics” zuordnen
- Durch Außerachtlassen von Einflussgrößen in einem chaotischen oder komplexen System wird es nicht automatisch einfacher beschreib- oder behandelbar. Man spricht dann eher von “unterkomplexen” Systemen, die zu stark vereinfacht wurden
- Der Begriff “→ VUCA” (Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity) beschreibt den Sachverhalt, dass viele Dinge in der Welt unsicherer und komplexer geworden sind, Komplexität also häufiger (als noch vor wenigen Jahrzehnten) beachtet werden muss
A. Präsentationen, Literatur und Weblinks
Bezüge zum Themenfeld “komplex vs. kompliziert” finden sich auch in meinen folgenden → Präsentationen:
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Diese Bücher beleuchten das Thema Komplexität (in der Agilität, im Projektkontext oder in der Produktentwicklung) etwas intensiver:
- /Borgert16/ Stephanie Borgert: Unkompliziert! Das Arbeitsbuch für komplexes Denken und Handeln in agilen Unternehmen, Gabal, Offenbach 2018, ISBN 978–3‑86936–826‑9
- /Borgert18/ Stephanie Borgert: Die Irrtümer der Komplexität. Warum wir ein neues Management brauchen, Gabal, Offenbach 2016, ISBN 978–3‑86936–661‑6
- /Groß16/ Michael Groß: Einfach machen! Wie Komplexität beherrschbar und das Leben erfolgreicher wird, Redline, München 2015, ISBN 978–3‑86881–628‑0
- /Hinnen17/ Andri Hinnen, Gieri Hinnen: Reframe it! 42 Werkzeuge und ein Modell, mit denen Sie Komplexität meistern, Murmann, Hamburg 2017, ISBN 978–3‑86774–573‑4
- /Lange15/ Sabrina Lange: Komplexität im → Projektmanagement. Methoden und Fallbeispiele für erfolgreiche Projekte, Springer Vieweg, Wiesbaden 2015, ISBN 978–3‑658–09971‑8
- /PBG21‑d/ Project Management Institute: A Guide to the Project Management Body of Knowledge (PMBOK Guide) und Der → Standard für das Projektmanagement, Project Management Institute, Philadelphia, Pennsylvania Siebte Ausgabe 2021, ISBN 978–1‑62825–695‑6
- /Pfläging14/ Niels Pfläging: Organisation für Komplexität. Wie Arbeit wieder lebendig wird – und Höchstleistung entsteht, Redline, München 2014, ISBN 978–3‑86881–570‑2
- /Pfläging15/ Niels Pfläging: Komplexithoden. Clevere Wege zur (Wieder)Belebung von Unternehmen und Arbeit in Komplexität, Redline, München 2015, ISBN 978–3‑86881–586‑3
- /Schuh11/ Günther Schuh, Hans-Peter Wiendahl: Komplexität und Agilität. Steckt die Produktion in der Sackgasse? Springer, Berlin 2011, ISBN 978–3‑642–64579‑2
- /Schuh17/ Günther Schuh: Produktkomplexität managen: Strategien – Methoden – Tools, Hanser, 3. Auflage 2017, ISBN 978–3‑446–45225‑1
- /Stacey96/ Ralph Stacey: Complexity and Creativity in Organizations, Berrett-Koehler, San Francisco 1996, ISBN 978–1‑881052–89‑0
- /Vieweg15/ Wolfgang Vieweg: Management in Komplexität und Unsicherheit. Für agile Manager, Springer Fachmedien, Wiesbaden 2015, ISBN 978–3‑658–08249‑9
- /Wohland12/ Gerhard Wohland, Matthias Wiemeyer: Denkwerkzeuge der Höchstleister. Warum dynamikrobuste Unternehmen Marktdruck erzeugen, Murmann, Hamburg 3. Auflage 2012, ISBN 978–3‑934900–11‑0
Folgende Weblinks liefern weitere Informationen zur Komplexität:
- /#Wiki-Komplexität/ Komplexität (engl. Complexity) in der deutschen Wikipedia
Legende zu den Weblinks
/ / Verweis auf eine Website (allgemein)
/*/ Verweis auf eine Website, die als Ergänzung zu einem Buch dient
/#/ Verweis auf ein einzelnes Thema auf einer Website
/#V/ Verweis auf ein Video auf einer Website
Letzte Aktualisierung: 02.04.2020 © Peterjohann Consulting, 2005–2024