Übersicht — Agile und Lean Ansätze zur Verbesserung der Arbeit

Schlank, Ein­fach, Wert­ori­en­tiert – so sol­len Ent­wick­lungs­me­tho­den heu­te sein. Doch was bedeu­tet das genau (in der Umset­zung)?
Zur Beant­wor­tung die­ser Fra­ge kön­nen mei­ne Aus­ar­bei­tun­gen zu Agi­le und → Lean helfen.

Der unter­schied­li­che Fokus von Agi­le und Lean ist in der nach­fol­gen­den Gra­fik (nach Can­ditt und Braun: Lean → Scrum. Der Nut­zen von Lean Thin­king für die agi­le Pro­dukt­ent­wick­lung, Objekt­spek­trum 01/2011) dar­ge­stellt. Wäh­rend Agi­le stark auf den Pro­duk­ti­ons­pro­zess fokus­siert, betrach­tet Lean eher über­ge­ord­ne­te Zusam­men­hän­ge (Abbil­dung 1).

Fokus von Agile und Lean, (C) Peterjohann Consulting, 2014-2024

Abbil­dung 1: Fokus von Agi­le und Lean

1. Zur Agilität

Agi­li­tät bezeich­net die Eigen­schaft, bestimm­te Din­ge beson­ders “flink” oder “beweg­lich” zu erle­di­gen. In der → Soft­ware­ent­wick­lung wird dar­un­ter eine Rei­he von Metho­den und Prak­ti­ken ver­stan­den, die es erlau­ben im Ver­gleich zu klas­si­schen Ansät­zen mit weni­ger for­ma­len und “büro­kra­ti­schen” Ansät­zen aus­zu­kom­men. Die agi­len Metho­den haben sich im → Pro­jekt­ma­nage­ment in den letz­ten Jah­ren neben den klas­si­schen Metho­den eta­bliert, sodass man als → Pro­jekt­ma­na­ger oder auch ‑mit­ar­bei­ter die grund­le­gen­den Ansät­ze ken­nen sollte.

1.1 Das Agile Manifest

Das “Agi­le Mani­fest” (engl. “agi­le mani­festo”) ent­stand im Febru­ar 2001 bei einem drei­tä­gi­gen Tref­fen (in den USA) von 17 Exper­ten zur agi­len Soft­ware­ent­wick­lung. Zu die­sem → Zeit­punkt gab es bereits eini­ge agi­le Metho­den und Ansät­ze, jedoch kei­ne über­ge­ord­ne­te gemein­sa­me Klam­mer – hier­zu wur­de das Agi­le Mani­fest for­mu­liert. Es wur­den vier prä­fe­rier­te Wer­te und 12 Prin­zi­pi­en fest­ge­legt. Das Mani­fest ist ein­fach for­mu­liert und bil­det das Fun­da­ment zur agi­len Softwareentwicklung.

Alle agi­len Metho­den beru­fen sich auf das Agi­le Manifest.

1.2 Agile Basisbegriffe

Die Begrif­fe Metho­den, Prak­ti­ken, Prin­zi­pi­en und Wer­te wer­den hier fol­gen­der­ma­ßen ver­wen­det (Abbil­dung 2):

Agile Basisbegriffe, (C) Peterjohann Consulting, 2012-2024

Abbil­dung 2: Agi­le Basisbegriffe

Der Pfeil kann jeweils als “ver­wen­det” oder “basiert auf” inter­pre­tiert werden.

1.3 Agile Themenfelder

Inzwi­schen wird zur Agi­li­tät in der Soft­ware- oder Pro­dukt­ent­wick­lung eine Rei­he von Teil­be­rei­chen und Teil­ge­bie­ten gezählt. Die­se sind in der nach­fol­gen­den Abbil­dung 3 dargestellt.

Agile Themenfelder, (C) Peterjohann Consulting, 2016-2024

Abbil­dung 3: Agi­le Themenfelder

1.4 Bekannte agile Methoden

Die bekann­tes­ten agi­len Metho­den sind:

  • Scrum (sie­he eige­nen Bereich)
  • eXtre­me Pro­gramming XP
  • Crys­tal
  • DSDM
  • → Fea­ture-Dri­ven Deve­lo­p­ment FDD
  • → Kan­ban (sie­he eige­nen Bereich)
  • (Ratio­nal) Uni­fied Pro­cess UP

1.5 Wesentliche Unterschiede zu klassischen PM-Ansätzen

Beim klas­si­schen PM wird der zunächst der Umfang (Scope) beschrie­ben, dann die Kos­ten ermit­telt und anschlie­ßend der Zeit­auf­wand geschätzt. Soll­ten die Grö­ßen im Lau­fe der Pro­jekt-Bear­bei­tung nicht plan­ge­mäß ein­ge­hal­ten wer­den kön­nen, so wird meis­tens an dem Zeit­be­darf nach­ge­bes­sert – die Pro­jek­te ver­zö­gern sich.

Bei agi­len Ansät­zen hin­ge­gen wer­den Zeit­punk­te zur Aus­lie­fe­rung fest defi­niert und unbe­dingt ein­ge­hal­ten. Soll­te sich uner­war­te­te Ereig­nis­se erge­ben, so wer­den in ers­ter Linie am Umfang nachgebessert.

Nach­fol­gen­de Gra­fik ver­deut­licht die­sen Sach­ver­halt (Abbil­dung 4).

Feste und variable Größen im klassischen PM und bei agilen Ansätzen, (C) Peterjohann Consulting, 2012-2024

Abbil­dung 4: Fes­te und varia­ble Grö­ßen im klas­si­schen PM und bei agi­len Ansätzen

2. Zum Lean Management

Unter → Lean Manage­ment wer­den alle Prin­zi­pi­en, Wer­te sowie Metho­den und Werk­zeu­ge ver­stan­den, die zur Opti­mie­rung der wert­schöp­fen­den Pro­zes­se in Orga­ni­sa­tio­nen und Unter­neh­men die­nen. Dabei wird gezielt ver­sucht, Ver­schwen­dun­gen zu mini­mie­ren und Über­flüs­si­ges aus­zu­schlie­ßen. Nur das, was der → Kun­de benö­tigt hat beim Lean Manage­ment eine Bedeutung.

2.1 Lean Management Grundlagen

Lean Manage­ment folgt fünf Prin­zi­pi­en (“Prin­ci­ples”), die zu beach­ten sind (nach Womack und Jones /Womack13/):

  1. Den Wert aus Sicht des Kun­den defi­nie­ren (“Value”)
  2. Den Wert­strom iden­ti­fi­zie­ren (“Value Stream”)
  3. Das Fluss-Prin­zip umset­zen (“Flow”)
  4. Das → Pull-Prin­zip ein­füh­ren (“Pull”)
  5. Per­fek­ti­on anstre­ben (“Per­fec­tion”)

Im Lean Manage­ment wer­den (nach Ohno /Ohno13/) sie­ben Arten der Ver­schwen­dung benannt:

  1. Mate­ri­al­be­we­gun­gen (“Trans­por­ta­ti­on”)
  2. Bestän­de (“Inven­to­ry”)
  3. Bewe­gun­gen (“Moti­on”)
  4. War­te­zei­ten (“Wai­ting”)
  5. Ver­ar­bei­tung (“Over-Pro­ces­sing”)
  6. Über­pro­duk­ti­on (“Over-Pro­duc­tion”)
  7. Kor­rek­tu­ren und → Feh­ler (“Defects”)

Um sich die sie­ben Arten zu mer­ken, kann das Akro­nym TIMWOOD ver­wen­det wer­den, wel­ches die ers­ten Buch­sta­ben der eng­li­schen Begrif­fe verwendet.

2.2 Anmerkungen

Der Begriff “Lean Manage­ment” wird bevor­zugt im deut­schen Sprach­raum ver­wen­det. Ent­spre­chend fin­det sich für “Lean Manage­ment” in der eng­li­schen Wiki­pe­dia kein Ein­trag; dort fin­den sich statt­des­sen die Begrif­fe “Lean Enter­pri­se” oder “Lean Manufacturing”.

Das Pre­fix “Lean” wird inzwi­schen recht infla­tio­när in ver­schie­de­nen Zusam­men­hän­gen ver­wen­det. Fol­gen­de Begrif­fe fin­den sich:

  • Lean Accoun­ting
  • Lean Admi­nis­tra­ti­on
  • Lean Chan­ge
  • Lean Cof­fee
  • Lean Deve­lo­p­ment
  • Lean Enter­pri­se
  • Lean Logi­stics
  • Lean Manage­ment
  • Lean Manu­fac­tu­ring
  • Lean Office
  • Lean Orga­niza­ti­on
  • Lean Pro­duc­tion
  • Lean Report­ing
  • Lean Six Sigma
  • Lean Soft­ware Development
  • Lean Start­up
  • Lean Thin­king

2.3 Bücher zum Lean Management

  1. /Goldratt13/ Eli­ya­hu M. Gold­ratt: Das Ziel. Ein Roman über Pro­zess­op­ti­mie­rung, Cam­pus, Frank­furt 5. Auf­la­ge 2013, ISBN 978–3‑593–39853‑2
  2. /Ohno13/ Tai­i­chi Ohno: Das Toyo­ta-Pro­duk­ti­ons­sys­tem, Cam­pus, Frank­furt 3. Auf­la­ge 2013, ISBN 978–3‑593–39929‑4
  3. /Womack13/ James P. Womack, Dani­el T. Jones: Lean Thin­king: Bal­last abwer­fen, Unter­neh­mens­ge­winn stei­gern, Cam­pus, Frank­furt 3. Auf­la­ge 2013, ISBN 978–3‑593–39843‑3

3. Zur Arbeit 4.0

Der Begriff Arbeit 4.0 ist nicht ein­deu­tig defi­niert: Es wer­den dar­un­ter eine Rei­he von Ansät­zen und Akti­vi­tä­ten ver­stan­den, die sich mit den Orga­ni­sa­ti­ons­for­men befassen.

3.1 Bücher zur Arbeit 4.0

  1. /Appelo11/ Jur­gen Appe­lo: Manage­ment 3.0: Lea­ding Agi­le Deve­lo­pers, Deve­lo­ping Agi­le Lea­ders, Addi­son-Wes­ley Pro­fes­sio­nal, Old Tap­pan, New Jer­sey 2011, ISBN 978–0‑321–71247‑9
  2. /Arnold16/ Her­mann Arnold: Wir sind Chef. Wie eine unsicht­ba­re → Revo­lu­ti­on Unter­neh­men ver­än­dert, Hau­fe-Lex­wa­re, Mün­chen 2016, ISBN 978–3‑648–08205‑8
  3. /Brandes14/ Ulf Bran­des, Pas­cal Gem­mer, Hol­ger Koschek, Lydia Schült­ken: Manage­ment Y: Agi­le, Scrum, → Design Thin­king & Co.: So gelingt der Wan­del zur attrak­ti­ven und zukunfts­fä­hi­gen Orga­ni­sa­ti­on, Cam­pus, Frank­furt 2014, ISBN 978–3‑593–50158‑1
  4. /Clark12a/ Timo­thy Clark, Alex­an­der Oster­wal­der, Yves Pigneur: Busi­ness Model You: A One-Page Method For Reinven­ting Your Care­er, John Wiley & Sons, Hobo­ken, New Jer­sey, 2012, ISBN 978–1‑118–15631‑5
  5. /Clark12b/ Timo­thy Clark, Alex­an­der Oster­wal­der, Yves Pigneur: Busi­ness Model You: Dein Leben – Dei­ne Kar­rie­re – Dein Spiel, Cam­pus Frank­furt, 2012, ISBN 978–3‑593–39725‑2
  6. /Denning10/ Ste­phen Den­ning: The Leader’s Gui­de to Radi­cal Manage­ment: Reinven­ting the Work­place for the 21st Cen­tu­ry, John Wiley & Sons, Hobo­ken, New Jer­sey 2010, ISBN 978–0‑470–55486‑4
  7. /Foegen15/ Orga­ni­sa­ti­on in einer Digi­ta­len Zeit: Ein Buch für die Gestal­tung von reak­ti­ons­fä­hi­gen und schlan­ken Orga­ni­sa­tio­nen mit Hil­fe von ska­lier­ten Agi­le & Lean Mus­tern, wibas, Darm­stadt, 3. Auf­la­ge 2016, ISBN 978–3‑9815837–8‑6
  8. /Hamel07/ Gary Hamel: The Future of Manage­ment, Har­vard Busi­ness → Review Press, Bos­ton, Mas­sa­chu­setts 2007, ISBN 978–1‑422–10250‑3
  9. /Hamel08/ Gary Hamel: Das Ende des Manage­ments: Unter­neh­mens­füh­rung im 21. Jahr­hun­dert, Econ, Ber­lin 2008, ISBN 978–3‑430–20046‑2
  10. /Laloux15/ Fre­de­ric Laloux: Reinven­ting Orga­niza­ti­ons. Ein Leit­fa­den zur Gestal­tung sinn­stif­ten­der For­men der Zusam­men­ar­beit, Vah­len, Mün­chen 2015, ISBN 978–3‑8006–4913‑6
  11. Laloux16/ Fre­de­ric Laloux: Reinven­ting Orga­niza­ti­ons visu­ell. Ein illus­trier­ter Leit­fa­den sinn­stif­ten­der For­men der Zusam­men­ar­beit, Vah­len, Mün­chen 2016, ISBN 978–3‑8006–5285‑3
  12. /Nowotny17/ Valen­tin Nowot­ny: Agi­le Unter­neh­men – fokus­siert, schnell, fle­xi­bel: Nur was sich bewegt, kann sich ver­bes­sern, Busi­ness­Vil­la­ge, Göt­tin­gen 2. Auf­la­ge 2017, ISBN 978–3‑86980–330‑2
  13. /Oestereich16/ Bernd Oes­te­reich, Clau­dia Schrö­der: Das kol­le­gi­al geführ­te Unter­neh­men: Ideen und Prak­ti­ken für die agi­le Orga­ni­sa­ti­on von mor­gen, Vah­len, Mün­chen 2016, ISBN 978–3‑8006–5229‑7
  14. /Osterwalder10/ Alex­an­der Oster­wal­der, Yves Peig­ner: Busi­ness Model Gene­ra­ti­on: A Hand­book for Visio­na­ries, Game Chan­gers, and Chal­len­gers, John Wiley & Sons, Hobo­ken, New Jer­sey 2010, ISBN 978–0‑470–87641‑1
  15. /Osterwalder11/ Alex­an­der Oster­wal­der, Yves Peig­ner: Busi­ness Model Gene­ra­ti­on: Ein Hand­buch für Visio­nä­re, Spiel­ver­än­de­rer und Her­aus­for­de­rer, Cam­pus, Frank­furt 2011, ISBN 978–3‑593–39474‑9
  16. /Pfläging14/ Nils Pflä­ging: Orga­ni­sa­ti­on für → Kom­ple­xi­tät. Wie Arbeit wie­der leben­dig wird – und Höchst­leis­tung ent­steht, Red­li­ne Mün­chen, 2014, ISBN 978–3‑86881–570‑2
  17. /Pfläging15/ Nils Pflä­ging, Sil­ke Her­mann: Kom­ple­xi­tho­den. Cle­ve­re Wege zur (Wieder)Belebung von Unter­neh­men und Arbeit in Kom­ple­xi­tät, Red­li­ne Mün­chen, 2015, ISBN 978–3‑86881–586‑3
  18. /Robertson16/ Bri­an J. Robert­son: Hola­cra­cy: Ein revo­lu­tio­nä­res Manage­ment-Sys­tem für eine vola­ti­le Welt, Vah­len, Mün­chen 2016, ISBN 978–3‑8006–5087‑3
  19. /Sattelberger15/ Tho­mas Sat­tel­ber­ger, Isa­bell Wel­pe, Andre­as Boes: Das demo­kra­ti­sche Unter­neh­men: Neue Arbeits- und Füh­rungs­kul­tu­ren im Zeit­al­ter digi­ta­ler Wirt­schaft, Hau­fe-Lex­wa­re, Mün­chen 2015, ISBN 978–3‑648–07434‑3
  20. /Scheller17/ Tors­ten Schel­ler: Auf dem Weg zur agi­len Orga­ni­sa­ti­on. Wie Sie Ihr Unter­neh­men dyna­mi­scher, fle­xi­bler und leis­tungs­fä­hi­ger gestal­ten, Vah­len, Mün­chen 2017, ISBN 978–3‑8006–5271‑6