Das Minimum Viable Product (MVP) Erste wertschöpfende Produktversionen schnell verfügbar machen

Manage­ment-Zusam­men­fas­sung die­ses Bei­trags:
Das Mini­mum Via­ble Pro­duct (MVP, eng­lisch Mini­mum Via­ble Pro­duct) wird im Sys­tems oder → Soft­ware Engi­nee­ring und in der → Soft­ware­ent­wick­lung ein­ge­setzt, um vor dem eigent­li­chen Pro­dukt ein Vor­pro­dukt zu erstel­len, wel­ches aber bereits Nut­zen gene­riert.
In die­sem Bei­trag wird eine Beschrei­bung des Mini­mum Via­ble Pro­ducts geliefert.

Das Mini­mum Via­ble Pro­duct (MVP, eng­lisch Mini­mum Via­ble Pro­duct; älte­re Bezeich­nung auch: Mini­mal Via­ble Pro­duct) dient der Erstel­lung von “markt­fä­hi­gen” Pro­duk­ten, die in kur­zer Zeit her­ge­stellt wer­den kön­nen, aber den­noch Wert für den Kun­den brin­gen. Dies dient dazu, das Risi­ko einer Ent­wick­lung an dem Kunden(nutzen) vor­bei zu reduzieren.

1. Einleitung und Grundlagen

1.1 Definitionen

Das → PMI defi­niert /PBG21‑d/:
“Mini­mum Via­ble Pro­duct / Mini­mum Via­ble Pro­duct (MVP). Ein Kon­zept zur Fest­le­gung von Inhalt und Umfang der ers­ten Aus­lie­fe­rung einer Lösung an Kun­den, indem es die Min­dest­an­zahl an Fea­tures oder Min­dest­an­for­de­run­gen iden­ti­fi­ziert, die einen Wert darstellt.”

In der Wiki­pe­dia steht zum MVP /#Wiki-Minimum-Viable-Product/:
“Ein Mini­mum Via­ble Pro­duct (MVP), wört­lich ein “mini­mal brauch­ba­res oder exis­tenz­fä­hi­ges Pro­dukt”, ist die ers­te mini­mal funk­ti­ons­fä­hi­ge Ite­ra­ti­on eines Pro­dukts, die dazu dient, mög­lichst schnell aus Nut­zer­feed­back zu ler­nen und so Fehl­ent­wick­lun­gen an den Anfor­de­run­gen der Nut­zer vor­bei zu ver­hin­dern. Wich­tig in die­sem Zusam­men­hang ist, dass die Ite­ra­ti­on einen ers­ten “brauch­ba­ren” Nut­zen bie­tet, sodass die Nut­zer das Pro­dukt auch einsetzen.”

Bei Pfei­fer wird defi­niert /Pfeifer21/:
“Ein Mini­mum Via­ble Pro­duct (MVP), über­setz­bar mit “mini­mal (über)lebensfähiges Pro­dukt”, ist ein Pro­dukt, das im Rah­men sei­ner Ent­wick­lung gera­de den Rei­fe­grad über­schrit­ten hat, die für den Nut­zer relevante(n) Basisfunktionalität(en) zu erfüllen.”

1.2 Charakterisierung

In Abbil­dung 1 ist eine Cha­rak­te­ri­sie­rung des Mini­mum Via­ble Pro­ducts dargestellt.

Charakterisierung des Minimum Viable Products, (C) Peterjohann Consulting, 2021-2024

Abbil­dung 1: Cha­rak­te­ri­sie­rung des Mini­mum Via­ble Products

2. Vom Minimum Viable Product zum fertigen Gesamtprodukt

Das Mini­mum Via­ble Pro­duct lie­fert zwar — per Defi­ni­ti­on — Nut­zen, ist aber noch kein fer­ti­ges Gesamt­pro­dukt. In der Regel feh­len noch Funk­tio­nen / Fea­tures, die dann dem MVP hin­zu­ge­fügt wer­den. Die­se müs­sen dann nach und nach hin­zu­ge­fügt wer­den. Bei der Pla­nung des MVPs reicht es aber zunächst aus, die not­wen­di­gen Fea­tures zu erfas­sen und den ein­zel­nen Releases zuzu­ord­nen — es ent­steht eine Art → Release­plan (Abbil­dung 2).

Das Minimum Viable Product und der Releaseplan, (C) Peterjohann Consulting, 2022-2024

Abbil­dung 2: Das Mini­mum Via­ble Pro­duct und der Releaseplan

In der Nach-MVP-Pha­se kön­nen dann die wei­te­ren Fea­tures dem MVP hin­zu­ge­fügt wer­den (Abbil­dung 3), sodass das kom­plet­te Pro­dukt entsteht.

Das Minimum Viable Product und der Releaseplan nach MVP-Release, (C) Peterjohann Consulting, 2022-2024

Abbil­dung 3: Das Mini­mum Via­ble Pro­duct und der Release­plan nach MVP-Release

3. Anmerkungen zum Minimum Viable Product

Das Mini­mum Via­ble Pro­duct wird her­an­ge­zo­gen, um schnell zu einem vor­zeig­ba­ren Ergeb­nis zu gelan­gen. Dabei wird häu­fig nur auf das Ergeb­nis, nicht aber auf das Vor­ge­hen zum Ergeb­nis geach­tet; in der Fol­ge ver­kommt das MVP zu einem “Mar­ke­ting­be­griff”.

Grund­sätz­li­che Anmer­kun­gen zu MVP:

  • Viel­fach wer­den Pro­to­ty­pen anstatt MVPs ein­ge­setzt. Dies ist durch­aus sinn­voll, denn Pro­to­ty­pen kön­nen markt­fä­hi­ge Eigen­schaf­ten besit­zen. Aber: Weg­werf-Pro­to­ty­pen kön­nen nicht als MVP ver­wen­det werden
  • Auf die Über­prü­fung des MVPs nach “Frei­ga­be” wird in der Pra­xis häu­fig ver­zich­tet; hier­durch wird der Nut­zen des Vor­ge­hens stark ver­rin­gert, denn es wer­den kei­ne Ablei­tun­gen für das wei­te­re Vor­ge­hen vor­ge­nom­men, die für wei­te­re Pro­jek­te oder MVPs her­an­ge­zo­gen wer­den könnten
  • Mit dem MVP müs­sen unbe­dingt auch die Ent­wick­lungs­pro­zes­se und ‑tools fest­ge­legt wer­den, denn nach dem MVP geht es mit der Ent­wick­lung des Voll-Pro­dukts wei­ter, es wer­den dann wei­te­re Fea­tures hin­zu­ge­fügt. Wenn dann noch grö­ße­re Ände­run­gen an dem Ent­wick­lungs­rah­men vor­ge­nom­men wer­den müs­sen, wird die Ent­wick­lung (unnö­tig) risikobehaftet
  • Der Umfang des MVPs muss vor­ab fest­ge­legt wer­den, ansons­ten lie­gen die → Zie­le und das Vor­ge­hen nicht fest; das MVP ver­kommt zum “Moving Target”
  • Wenn das MVP in nur einem Release oder sehr weni­gen Sprints erreicht wer­den kann, wird in der agi­len Welt auch von Spikes gesprochen

Fol­gen­de Fehl­an­nah­men oder feh­ler­haf­te Vor­ge­hens­wei­sen im Zusam­men­hang mit MVPs sind in der Pra­xis häu­fig zu finden:

  • “Ein MVP muss vor­ab nicht geplant wer­den” — die­se Aus­sa­ge ist falsch. Der Umfang eines MVP soll­te unbe­dingt vor­ab fest­ge­legt wer­den. Das MVP ist nicht der “Nach­fol­ger der Zuruf-Ent­wick­lung”. Beim MVP wer­den häu­fig Releases ver­wen­det, die eine (abge­schlos­se­ne) Ite­ra­ti­on enthalten
  • “Das Ent­wi­ckeln mit einen MVP redu­ziert die Kos­ten” — die­se Aus­sa­ge stimmt so nicht. Wenn das Ent­wick­lungs­ziel und der Weg dahin klar ist, so kos­tet der Zwi­schen­schritt über das MVP zusätz­li­chen → Auf­wand, es wer­den die Kos­ten erhöht
  • “Wir erstel­len erst den MVP und schau­en dann wei­ter” — die­se Aus­sa­ge ist kuri­os. Man soll­te vor­ab wis­sen, wie man aus dem MVP ein grö­ße­res Pro­dukt erstellt, denn ansons­ten droht die Gefahr, nur einen “Weg­werf-Pro­to­ty­pen” zu entwickeln

Wenn ein Me-Too-Pro­dukt (Nach­ah­mer­pro­dukt) oder ein Nach­fol­ge­pro­dukt erstellt wer­den soll, so muss genau über­legt wer­den, was ein MVP sein könn­te: In der Regel muss dann zumin­dest der Pro­dukt­um­fang des Kon­kur­renz- oder Vor­gän­ger­pro­dukts erreicht wer­den. Ansons­ten wäre ein Mehr­wert für den poten­zi­el­len Kun­den nicht gegeben.

Wei­ter­hin muss das eige­ne Ver­triebs- und Mar­ke­ting­um­feld bei der Erstel­lung berück­sich­tigt oder ein­ge­bun­den wer­den. Ansons­ten kön­nen bei­spiels­wei­se fol­gen­de ver­trieb­li­che Pro­ble­me auftreten:

  • Der Ver­trieb / das Mar­ke­ting hat Kun­den eine neue Ver­si­on des Pro­dukts mit gewis­sen Fea­tures zu einem ver­ein­bar­ten → Zeit­punkt ver­spro­chen. Dies ist der Pro­dukt­ent­wick­lung aber nicht bekannt, dass MVP berück­sich­tigt die­se Fea­tures nicht, der ver­ein­bar­te Zeit­punkt ver­streicht und die Kun­den erhal­ten die ver­ein­bar­ten Fea­tures nicht
  • Es wird das MVP nach außen den Kun­den gegen­über kom­mu­ni­ziert — oder sogar beim Pro­dukt selbst ver­merkt, dass es sich um ein MVP han­delt. Die Kun­den möch­ten aber kein “Vor­ab-Pro­dukt”, da sie wis­sen, dass ein “Voll-Pro­dukt” noch zeit­nah kom­men wird

Lite­ra­tur

  • /PBG17/ Pro­ject Manage­ment Insti­tu­te: A Gui­de to the Pro­ject Manage­ment Body of Know­ledge (PMBOK Gui­de), Pro­ject Manage­ment Insti­tu­te, Phil­adel­phia, Penn­syl­va­nia Sixth Edi­ti­on 2017, ISBN 978–1‑62825–184‑5
  • /PBG17‑d/ Pro­ject Manage­ment Insti­tu­te: A Gui­de to the Pro­ject Manage­ment Body of Know­ledge (PMBOK Gui­de), Pro­ject Manage­ment Insti­tu­te, Phil­adel­phia, Penn­syl­va­nia Sechs­te Aus­ga­be 2017, ISBN 978–1‑62825–188‑3
  • /Pfeifer21/ Tilo Pfei­fer, Robert Schmitt: Masing Hand­buch → Qua­li­täts­ma­nage­ment, Han­ser, Mün­chen 7. Auf­la­ge 2021, ISBN 978–3‑446–46230‑4
  • /Ries11/ Eric Ries: The → Lean Start­up. How Con­stant Inno­va­ti­on Crea­tes Radi­cal­ly Suc­cessful Busi­nesses, Crown Busi­ness, New York 2011, ISBN 978–0‑307–88789‑4
  • /Ries12/ Eric Ries: Lean Start­up: Schnell, risi­ko­los und erfolg­reich Unter­neh­men grün­den, Red­li­ne, Mün­chen 2012, ISBN 978–3‑86881–333‑3

Web­links

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