1. Beschreibung
Ein (sehr beliebtes) Modell zur Beschreibung der Teamentwicklung stammt von Bruce W. Tuckman aus dem Jahr 1965. Dabei wird angenommen, dass eine Gruppe von Personen zusammengestellt wird, die über einen längeren → Zeitraum in Teamarbeit etwas erstellen sollen: Aus der Gruppe soll ein performantes Team entstehen.
Eine mögliche grafische Repräsentation dieses Modells stellt die Leistungsfähigkeit eines → Teams einzelnen Entwicklungsphasen innerhalb eines Projekts (die über die Projektlaufzeit auftreten) gegenüber (Abbildung 1.1).
Abbildung 1.1: Die Teamentwicklungsphasen nach Tuckman
Bei der Entwicklung eines Teams werden nach Tuckman folgende vier Phasen durchlaufen:
- Forming – Orientierungsphase: Das Team findet sich zusammen, kennt sich aber noch nicht; sehr formaler und höflicher Umgang miteinander. Jeder macht das, was er kann
- Storming – Auseinandersetzungs- oder Machtkampfphase: Die Unklarheiten bei der Umsetzung führen zu Konflikten zwischen den Teammitgliedern; diese → Konflikte werden mehr oder weniger offen ausgetragen
- Norming – Stabilisierungs- oder Organisationsphase: Es bilden und etablieren sich Spielregeln im Umgang miteinander. Ein “Wir-Gefühl” entsteht und das Team unterstützt sich bei Problemen
- Performing – Arbeits- oder Produktionsphase: Das Team arbeitet ohne Reibungsverluste miteinander und die (Projekt-)Arbeit steht im Vordergrund
Tipp:
Verwenden Sie die englischen Begriffe Forming-Storming-Norming-Performing, da die deutschen Entsprechungen in der Literatur nicht immer einheitlich verwendet werden.
Anmerkungen zu dieser grafischen Darstellung:
- Die Begriffe “Hügel der Euphorie” und “Tal der Tränen” stammen nicht aus dem Ursprungs-Modell nach Tuckman
- Die “minimal tolerierbare Leistung” kann nicht objektiv (und von vornherein) festgelegt werden. Aussagen wie “das Team streitet sich nur noch” oder “das Team ist nur noch mit sich selbst beschäftigt” deuten aber darauf hin, dass diese Leistungsschwelle unterschritten wurde
- Die → Dauer der einzelnen Phasen kann nicht von vorneherein bestimmt werden. Daher ist die Darstellung in Abbildung 1.1 nicht maßstäblich
Anhand dieses Modells können einige wesentliche Aussagen getroffen werden, so beispielsweise:
- Ein Team entwickelt sich im Laufe der Zeit
- Das niedrigste Leistungsniveau ist nicht zu Beginn der Teamentwicklung, sondern erst nach einiger Zeit feststellbar
- Je nach Entwicklungsphase sind unterschiedliche Verhaltensweisen im Team zu erkennen
- Der Teamentwicklungsprozess sollte — gerade zu Beginn — aktiv gesteuert oder beeinflusst werden
- Je nach Entwicklungsphase sollte der Teamleiter die Teamentwicklung unterschiedlich unterstützen oder fördern
- Das “Tal der Tränen” sollte möglichst klein gehalten werden. Dies gelingt nur durch aktive Maßnahmen und fordert eventuell das Hinzuziehen von geschultem Personal (“Team-Coaches”)
Generell ist es wichtig, dass es eine Person gibt, die die Teamentwicklung aktiv steuert. In Projekten ist dies der → Projektmanager oder → Projektleiter, in Abteilungen der Linienvorgesetzte (Abteilungs‑, Team- oder Gruppenleiter) — diese werden in diesem Beitrag als Teamleiter bezeichnet. Das Ziel des Teamleiters beim Teamentwicklungsprozess ist es, eine Gruppe oder ein Pseudo-Team möglichst schnell und reibungslos zu einem performanten Team zu entwickeln.
2. Anmerkungen / Varianten
Die Entwicklungsphasen nach Tuckman sind gerade bei Projektteams besonders häufig wiederzuerkennen, da in der Regel Projektteams zu → Projektbeginn nach fachlichen Kriterien zusammengestellt werden und somit die “soziale Komponente” häufig im Hintergrund steht.
Die Phasen sind in der Regel nicht scharf voneinander getrennt. Zudem kann “ein Rückfall” in eine vorherige Phase jederzeit erfolgen.
2.1 Ergänzung um eine fünfte Phase
Das Ursprungsmodell von Tuckman beschreibt nur vier Phasen. In der Literatur findet sich gelegentlich als Ergänzung eine fünfte Phase, deren Bezeichnung und Beschreibung jedoch nicht einheitlich ist. Tuckman selbst hat 1977 als fünfte Phase “Adjourning” (Auflösung) eingeführt. Folgende Beschreibungen sind zu finden:
- Adjourning – Ablösungsphase: Das Team wird mit → Projektende aufgelöst
- Super-Performing – Höchstleistungsphase: Das Team arbeitet ohne Steuerung von außen zusammen und bringt herausragende Leistungen
- Reforming – Erneuerungsphase: Das Team stellt sich selbst neuen Herausforderungen, um so nicht in eine kontraproduktive Routine zu verfallen
2.2 Die Teamuhr
Eine Darstellungsvariante ist die Teamuhr (oder Teamentwicklungsuhr). In ihr werden die vier Phasen in einen Kreis eingezeichnet (Abbildung 2.1). Dies soll insbesondere verdeutlichen, dass sich die einzelnen Phasen wiederholen (können) und es keine Sprünge zwischen den Phasen gibt, sondern diese durchlaufen werden.
Abbildung 2.1: Die Teamuhr nach Tuckman
3. Einsatz
Je nachdem, in welcher Entwicklungsphase sich das Team befindet, muss der Projekt- oder Teammanager mit unterschiedlichen Maßnahmen den Teamentwicklungsprozess fördern. Hierzu muss jedoch erkannt werden, in welcher Phase sich das Team befindet. Obwohl es für diesen Zweck (umfangreiche) Kriterienkataloge gibt, ist das Erkennen und Einordnen nicht ganz einfach.
Üblicherweise wird zu der grafischen Darstellung der Teamentwicklungsphasen eine Tabelle hinzugefügt, in der das typische Teamverhalten und (mögliche) Maßnahmen zur Teamentwicklung benannt werden (Abbildung 3.1).
Abbildung 3.1: Die Teamentwicklungsphasen mit Charakterisierung und Maßnahmen
3.1 Die Formingphase
In der Formingphase findet sich eine Gruppe von Personen zusammen, die etwas gemeinsam entwickeln wollen. Wenn der Eindruck bei der Gruppe vorhanden ist, dass die passenden Experten zusammengekommen sind, um das Entwicklungsthema umzusetzen, so ist in der Regel eine positive Grundstimmung vorhanden, ein Pseudo-Team entsteht. In dieser Phase steht das Thema im Vordergrund und die Teammitglieder orientieren sich noch.
Um eine positive Grundstimmung zu fördern, können einzelne Maßnahmen wie Initial-Workshops und eine gute Arbeitsumgebung helfen. Aber: Auch wenn noch so gut gestartet wird, wird die Leistungsfähigkeit des Teams sinken, man gerät in die Stormingphase. Es wichtig, dass dies erkannt wird, um so rechtzeitig gezielte Maßnahmen ergreifen zu können. Es ist → Führung durch den Teamentwicklungsverantwortlichen notwendig.
3.2 Besonders kritisch: Die Stormingphase
Besonderes Augenmerk sollte auf die Stormingphase gelegt werden, denn diese ist für Gesamtentwicklung entscheidend und es gilt einige Besonderheiten zu beachten:
- Während man zu Beginn des Entwicklungsprozesses das (Pseudo-)Team sich selbst überlassen kann, so ist es hier unbedingt notwendig, als Projekt- oder Teammanager aktiv steuernd einzugreifen. Geschieht dies nicht, so kann das Team auseinanderfallen, noch bevor es sich richtig zusammengefunden hat. Als Projekt- oder Teammanager kann man nicht erwarten, dass sich ein Team selbst organisiert
- In der Stormingphase werden die Spielregeln für die weiteren Phasen festgelegt. Problematisch ist hierbei, dass es einerseits ohne team-externe Hilfestellung nicht geht, andererseits zu viele Vorgaben dazu führen, dass das Team dauerhaft von außen geführt werden muss und der Projekt- oder Teammanager zum Dauerbetreuer wird
- Es kann sein, dass sich in dieser Phase herausstellt, dass nicht jeder ins Team passt. Hier muss der Projekt- oder Teammanager in der Lage sein, entsprechende Konsequenzen zu ziehen
- Schon darüber, wer die Spielregeln im Team festlegt, werden (interne) Führungsstrukturen aufgebaut
- Es sollten auch Sanktionsmaßnahmen festgelegt werden, die dann greifen, wenn ein Teammitglied gegen die Spielregeln verstößt
3.3 Die Normingphase
In der Normingsphase findet sich das Team, aus dem Pseudo-Team wird ein echtes Team. Die Team-Regeln und ‑Normen werden verstanden und gelebt. Es entsteht ein “Wir-Gefühl” sowie Feedbackkultur — man unterstützt sich gegenseitig, um das gemeinsame Ziel / die gemeinsamen → Ziele zu erreichen. Auch nach außen tritt man als Team auf.
3.4 Die Performingphase
In der Performingphase gibt es ein “High-Performing-Team”, welches selbstorganisiert ohne Steuerung von außen Höchstleistungen erbringt. Es werden die gesetzten Ziele erreicht, da sich alle Teammitglieder mit den Zielen identifizieren. Der Teamentwicklungsverantwortliche muss in der Regel nicht mehr steuernd eingreifen, lediglich das gelegentliche Setzen von neuen oder zusätzlichen Impulsen oder Anreizen hilft dem Team weiter.
3.5 Einschränkungen
Folgende Einschränkungen gibt es beim Einsatz des Teamentwicklungsmodells nach Tuckman zu beachten:
- Das Phasenmodell ist in erster Linie für kleinere Teams (unter 15 Mitarbeiter) gedacht. Ab einer gewissen Größe greift es nicht mehr, da dann andere Abläufe prägend sind
- Es gibt auch die Fälle, dass diese Teamphasen nicht durchlaufen werden, sondern die Gruppe nicht das “Tal der Tränen” verlässt und damit nicht in eine produktive Phase gerät
4. Auch zu finden in
Die Teamentwicklungsphasen nach Tuckman werden in der ein oder anderen Form auch in folgenden → Präsentationen, Büchern und Weblinks beschrieben.
4.1 Eigene Präsentationen
Inhalt | Typ |
---|---|
Projektmanagement: Führung (und Team) – Eine Übersicht |
4.2 Literatur
Vielfach sind in der Literatur sehr umfangreiche Charakterisierungen und Maßnahmenlisten zu finden.
- /GPM12/ Deutsche Gesellschaft für → Projektmanagement: Kompetenzbasiertes Projektmanagement (PM3), → GPM, Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement, Nürnberg 5. Auflage 2012, ISBN 978–3‑924841–40‑9
- /Litke05/ Hans-Dieter Litke: Projektmanagement für die Praxis, Hanser, München 2005, ISBN 978–3‑446–22907‑5
- /PBG12/ Project Management Institute: A Guide to the Project Management Body of Knowledge (PMBOK Guide), Project Management Institute, Philadelphia, Pennsylvania Fifth Edition 2012, ISBN 978–1‑935589–67‑9
4.3 Weblinks
- /#Wiki-Tuckman/ Phasenmodell nach Tuckman und Klotz in der deutschen Wikipedia
- /#Wiki-Tuckman‑e/ Tuckman’s stages of group development in der englischen Wikipedia
Legende zu den Weblinks
/ / Verweis auf eine Website (allgemein)
/*/ Verweis auf eine Website, die als Ergänzung zu einem Buch dient
/#/ Verweis auf ein einzelnes Thema auf einer Website
/#V/ Verweis auf ein Video auf einer Website
Letzte Aktualisierung: 01.03.2014 © Peterjohann Consulting, 2005–2024