Management-Zusammenfassung dieses Beitrags:
Das Änderungsmanagement beschäftigt sich mit Prozessen und Methoden, um Änderungen am Produktinhalt oder ‑umfang in ein Projekt, ein Produkt oder ein Requirements-→ Vorhaben einzubringen.
Es wird in diesem Beitrag das Änderungsmanagement beschrieben.
Änderungen an Produkten (in Projekten) sind im → Systems Engineering (über den Produktlebenszyklus) der Normalfall. Auch wenn es wünschenswert ist, die Anzahl der Änderungen klein zu halten, so sollten diese dennoch in die Produkte gezielt einfließen – ein Management der Änderungen muss erfolgen. Beachtet man hierbei nicht die gängigen Regeln, so droht das Produkt fehlerhaft oder am Markt vorbei entwickelt zu werden. Insgesamt kann dies zu Situationen führen, aus denen letztlich → Konflikte und Geldverluste resultieren.
Das Änderungsmanagement gibt in Organisationen vor, wie mit Änderungen an Produkten umzugehen ist. Dies bedeutet in der Regel, das ein Prozess zum Erfassen, Bewerten, Freigeben und Umsetzen von Änderungswünschen (Change-Request-Verfahren) und auch ein Prozess zur Behandlung von nicht gewünschten Abweichungen (Claim Management) zum Einsatz kommt.
1. Einleitung und Grundlagen
1.1 Definitionen
In der Wikipedia steht zum Änderungswesen (Änderungsmanagement wird zum Änderungswesen umgeleitet) in der Fassung von 2019 /#Wiki-Änderungswesen/:
“Das Änderungswesen (auch Änderungsmanagement bzw. ÄM (engl. engineering → change management) beschreibt Funktionen und Prozesse, die in einer Organisation etabliert werden, um Änderungen an Produkten der Organisation kontrolliert und dokumentiert vorzunehmen.”
In der englischen Wikipedia wird zum Änderungsmanagement / Change Management im Systems Engineering ausgeführt /#Wiki-Change-Management-Engineering‑e/:
“The → change request management process in systems engineering is the process of requesting, determining attainability, planning, implementing, and evaluating of changes to a system. Its main goals are to support the processing and → traceability of changes to an interconnected set of factors.”
(Deutsche Übersetzung:
“Der Prozess des Änderungsantragsmanagements im Systems Engineering ist der Prozess der Beantragung, Bestimmung der Durchführbarkeit, Planung, Implementierung und Bewertung von Änderungen an einem System. Seine Hauptziele sind die Unterstützung der Bearbeitung und die → Nachvollziehbarkeit (Traceability) von Änderungen an einem zusammenhängenden Satz von Faktoren.”)
Die DIN 69901–5:2009–01 definiert das Änderungsmanagement in Projekten wie folgt /DIN25/:
“Änderungsmanagement (en: change management): Erfassung, Bewertung, Entscheidung, Dokumentation und Steuerung der Umsetzung von Änderungen im Projekt gegenüber der bisher gültigen Planung.“
und führt zur Änderung in Projekten aus:
“Änderung (en: change) durch → Änderungsantrag begründete, durch Änderungsentscheidung in Kraft gesetzte und durch Änderungsmitteilung als vollzogen bestätigte Änderung bis dahin gültiger Dokumente (Pläne, Verträge usw.).”
In der DIN ISO 10006:2020–10 steht zum Änderungsmanagement in Projekten /DIN25/:
“Änderungsmanagement umfasst die Identifikation, Beurteilung, Genehmigung, Dokumentation, Einführung und Kontrolle einer Änderung. Ehe eine Änderung genehmigt wird, sollten der Zweck, der Umfang und die Auswirkungen der Änderung analysiert werden. Änderungen, welche die → Projektziele beeinflussen, sollten mit dem Kunden und anderen interessierten Parteien abgestimmt werden.”
1.2 Die Ursachen von Änderungen
Änderungen können aufgrund von inneren oder äußeren Ursachen hervorgerufen werden (Abbildung 1.1).
Die inneren Ursachen für Änderungen sind:
- Nicht-Erfassen von Anforderungen zu Beginn des Projekts
- “Vergessen” einiger Anforderungen
- Teile der Anforderungen (und Annahmen) sind nicht umsetzbar
Aufgrund vielfältiger, äußerer Ursachen unterliegen Anforderungen einer Veränderung:
- Fortschritte in der Technologie
- Änderung der unternehmensinternen Organisation
- Veränderte Bedürfnisse von Kunden
- Veränderung von Märkten
- Neue oder geänderte politische oder rechtliche Rahmenbedingungen
Abbildung 1.1: Ursachen von Änderungen
2. Von der Abweichung zur Änderung
Der Startpunkt für das Eingreifen des Änderungsmanagements ist eine → Abweichung. Dabei gilt es zu unterscheiden, ob eine Abweichung gewünscht oder bereits aufgetreten ist.
Abbildung 2.1: Ablauf: Von der Abweichung zur Änderung und zum Claim
2.1 Der Change Request
Das zentrale Element im Änderungsmanagement ist das Change-Request-Verfahren. Unter einem Change Request wird sowohl der Änderungswunsch an sich als auch das formale Dokument (Änderungsantrag) verstanden (Abbildung 2.2).
Abbildung 2.2: Aspekte eines → Change Requests
Das → PMI /PBG17‑d/ definiert zum Änderungsantrag:
“Änderungsantrag / Change Request. Ein formaler Vorschlag zur Änderung eines Dokuments, eines Liefergegenstandes oder eines Basisplans.”
3. Das Änderungsmanagement im Einsatz
Das Änderungsmanagement werden im → Projektmanagement und im → Requirements Engineering gleichermaßen verwendet.
Abbildung 3.1: Änderungsmanagement im Projektmanagement und im Requirements Engineering
3.1 Im Projektmanagement
Im Projektmanagement sind Änderungen / Change Requests wesentlich. Änderungen verursachen in der Regel Mehraufwände und damit Kosten. Da der Kostenrahmen und der Kostenplan aber zu Beginn des Projekts festgelegt werden, müssen Änderungen gezielt über einen formalen Prozess in das Projekt eingebracht werden.
In Abbildung 3.2 ist Anzahl der (möglichen) Änderungen im Projektverlauf dargestellt. Generell ist es wünschenswert, wenn notwendige Änderung sehr frühzeitig erkannt und behandelt werden. Je später Änderungswünsche im Projektverlauf benannt werden, umso schwieriger und aufwendiger wird es, sie in das → Projektprodukt einzubauen.
Abbildung 3.2: Anzahl der Änderungen im Projektverlauf
Bei einer hohen Anzahl von “aufgelaufenen” Änderungen sollte eine neue → Baseline gezogen werden, um so die Vergleichbarkeit zu gewährleisten, denn ansonsten würden die Mechanismen des Projektcontrollings nicht mehr greifen. Insbesondere bei der → Earned Value Analysis würden anderenfalls die ermittelten Zahlen an Aussagekraft verlieren.
3.2 Im Requirements Engineering
Werden Änderungswünsche an ein bereits spezifiziertes oder entwickeltes System geäußert, so müssen diese in einem ersten Schritt überprüft werden. Hierzu werden die → Traces von Anforderungen genutzt und mittels einer Einflussanalyse (Impact Analysis) überprüft.
4. Generelle Regeln im Umgang mit Änderungen
Folgende Regeln sollten beim Umgang mit Änderungen beachtet werden:
- Alle Änderungswünsche müssen schriftlich erfasst werden. Bei Ablehnung eines Wunsches / eines Änderungsantrags muss die Begründung schriftlich erfasst werden. Abgelehnte Änderungswünsche / Änderungsanträge werden nicht gelöscht, sondern archiviert
- Bereits das Bewerten der Änderungswünsche verursacht Kosten. Diese müssen vorab benannt und einer → Kostenstelle zugeordnet werden
- Gravierende Änderungen müssen durch einen Ausschuss (wie das Change Control Board) genehmigt werden
- Bei vielen Änderungen muss nach der Genehmigung eine Baseline gezogen werden
5. Häufig gestellte Fragen und Antworten (FAQ) zum Änderungsmanagement
Einige Fragen zum Änderungsmanagement werden häufig gestellt – diese werden hier wiedergegeben.
- F: Muss Änderungsmanagement in Projekten immer durchgeführt werden?
A: Eigentlich ja, denn: Projekte ohne Änderungen im Projektverlauf gibt es kaum. Und diese müssen professionell gemanagt werden. - F: Reichen rein textuelle Beschreibungen in Change Requests aus?
A: Meiner Meinung nach ja. Soll “mehr” dargestellt werden, so sollten Verweise zum Einsatz kommen. - F: Welche Tools sollten für das Änderungsmanagement zum Einsatz kommen?
A: Bei kleinen Vorhaben können einfache Tabellen-Tools ausreichend sein. Generell empfiehlt es sich aber, datenbankgestützte Tools zu verwenden.
Haben Sie noch weitere Fragen oder möchten Sie Ergänzungen an der FAQ vornehmen? Am besten schreiben Sie mir hierzu eine E‑Mail an: kontakt@peterjohann-consulting.de.
A. Präsentationen, Literatur und Weblinks
A.1 Meine öffentliche Präsentation zum Änderungsmanagement
Das Änderungsmanagement wird kurz in meiner Präsentation zum Requirements Engineering beschrieben.
Inhalt | Typ |
---|---|
Requirements Engineering (und Business Analysis) – Eine Einführung (RE-Basispräsentation) | |
A.2 Literatur
Diese Bücher beleuchten das Änderungsmanagement (im Projekt- oder Requirements-Engineering-Kontext) etwas intensiver:
- /DIN25/ DIN: Projektmanagement. Netzplantechnik und Projektmanagementsysteme. DIN-Taschenbuch 472, DIN Media, Berlin 5. Auflage 2025, ISBN 978–3‑410–38743‑5
- /Ebert22/ Christof Ebert: Systematisches Requirements Engineering. Anforderungen ermitteln, dokumentieren, analysieren und verwalten, dpunkt, Heidelberg 7. Auflage 2022, ISBN 978–3‑86490–919‑1
- /GPM16/ Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement: Kompetenzbasiertes Projektmanagement (PM3), → GPM, Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement, Nürnberg 8. Auflage 2016, ISBN 978–3‑924841–74‑4
- /Grande12/ Marcus Grande: 100 Minuten für → Konfigurationsmanagement. Kompaktes Wissen nicht nur für → Projektleiter und Entwickler, Springer Vieweg, Wiesbaden 2012, ISBN 978–3‑8348–1908‑6
- /PBG17/ Project Management Institute: A Guide to the Project Management Body of Knowledge (PMBOK Guide), Project Management Institute, Philadelphia, Pennsylvania Sixth Edition 2017, ISBN 978–1‑62825–184‑5
A.3 Weblinks
Folgende Weblinks liefern weitere Informationen zum Änderungsmanagement:
- /#Wiki-Änderungswesen/ Änderungswesen in der deutschen Wikipedia
- /#Wiki-Change-Management-Engineering‑e/ Change Management (Engineering) in der englischen Wikipedia
- /#Wiki-Change-Request/ Änderungsanforderung in der deutschen Wikipedia
Legende zu den Weblinks
/ / Verweis auf eine Website (allgemein)
/*/ Verweis auf eine Website, die als Ergänzung zu einem Buch dient
/#/ Verweis auf ein einzelnes Thema auf einer Website
/#V/ Verweis auf ein Video auf einer Website
Letzte Aktualisierung: 12.05.2025 © Peterjohann Consulting, 2005–2025