Management-Zusammenfassung dieses Beitrags:
Die Projektorganisation definiert die Verankerung eines Projekts im Unternehmenskontext. Hierüber können auch die Projektgremien mit dazugehörigen → Projektrollen benannt werden.
Es werden in diesem Beitrag Projektorganisationen und Projektgremien beschrieben.
Über die Organisationsstrukturen wird der (statische) Aufbau eines Projekts bestimmt — hierfür wird auch der Begriff “→ Aufbauorganisation” verwendet. Typischerweise gibt es in den Unternehmen / Organisationen spezifische Organisationsformen, die bei jedem Projekt angewandt werden.
Abbildung 0.1: Organisationsstrukturen in Projekten: Unterteilung
Die Aufbauorganisation eines Unternehmens bestimmt maßgeblich, wie erfolgreich ein Projekt sein kann. Nur wenn die Organisation das Projekt stützt, kann ein Projekt die gewünschten Ergebnisse erbringen.
1. Einleitung und Grundlagen
1.1 Definitionen
Nach DIN 69901–5:2009 /DIN20/ ist die Projektorganisation (engl. Project Organization):
“Aufbau- und → Ablauforganisation zur Abwicklung eines bestimmten Projekts”, wobei angemerkt wird, dass “die Projektorganisation aus Bestandteilen der vorhandenen Betriebsorganisation bestehen kann”, die dann lediglich durch projektspezifische Regelungen ergänzt wird”.
Die internationale → Norm ISO 10006 (in /DIN20/ enthalten) unterscheidet etwas feiner zwischen “Trägerorganisation” und “Projektorganisation”:
- “Die Trägerorganisation ist diejenige Organisation, welche entscheidet, das Projekt durchzuführen. Sie kann als Einzel-Organisation, Gemeinschaftsunternehmen (engl. Joint Venture), Konsortium usw. eingerichtet sein. Die Trägerorganisation weist das Projekt einer Projektorganisation zu. Die Trägerorganisation kann eine Vielzahl von Projekten durchführen, von denen jedes einer anderen Projektorganisation zugewiesen werden kann
- Die Projektorganisation führt das Projekt durch. Die Projektorganisation kann ein Teil der Trägerorganisation sein”
2. Projektorganisationen
Folgende Organisationsformen kommen in Unternehmen in der Praxis vor (siehe → Abbildungen 2.1 bis 2.5):
- Reine Linienorganisation (auch Einflussorganisation): Hier werden aus der Linie (Abteilung, Fachbereich) heraus Projekte mit Linienmitarbeitern bearbeitet
- Stablinienorganisation: Neben der Linie existieren Stabsstellen, die Projekte zu verantworten haben; diese Stäbe sind direkt dem obersten Linienverantwortlichen zugeordnet
- Matrixorganisation: Neben der Linienorganisation gibt es eine Projektorganisation. Die Mitarbeiter werden dem Projekt und der Linie zugeordnet und sind in beiden Bereichen tätig
- Reine Projektorganisation: Die Linie hat für die Projektarbeit keine Relevanz; alle Projektteammitglieder werden (temporär) dem Projekt zugeordnet und haben keine Aufgaben in der Linie
Bei der (reinen) Linienorganisation läuft das Projekt neben der (klassischen) Fachbereichsorganisation her (Abbildung 2.1). Der → Projektmanager kommt aus einem Fachbereich und hat auch einen disziplinarischen Vorgesetzten. Die Projektteammitglieder kommen ebenfalls aus den Fachbereichen und sind auch während der Projektlaufzeit disziplinarisch einem Fachbereich zugeordnet. Sowohl der Projektmanager als auch die Projektteammitglieder gehen nach der Beendigung des Projekts zurück in die Linie.
Abbildung 2.1: Reine Linienorganisation in Projekten
Abbildung 2.2: Legende zu Organisation in Projekten
Die Stablinienorganisation ist der reinen Linienorganisation sehr ähnlich, nur dass es einen Projektstab gibt, der der Unternehmensleitung direkt unterstellt ist (Abbildung 2.2). Der Projektstab stellt den Projektmanager — damit ist der Projektmanager auch direkt der Unternehmensleitung disziplinarisch zugeordnet.
Abbildung 2.3: Stablinienorganisation in Projekten
Bei der Matrixorganisation (Abbildung 2.4) agiert der Projektmanager eigenständig und bekommt Projektteammitglieder aus der Linie zugeteilt. Die Projektteammitglieder können sowohl dem Projektmanager als auch dem Fachlinienvorgesetzten disziplinarisch zugeordnet sein.
Abbildung 2.4: Matrixorganisation in Projekten
In der reinen Projektorganisation (Abbildung 2.5) agiert das Projekt losgelöst von jeglicher Linientätigkeit, die Projektteammitglieder werden für die → Dauer des Projekts aus der Linie / aus den Fachbereichen herausgelöst und sind disziplinarisch dem Projektmanager unterstellt.
Abbildung 2.5: Reine Projektorganisation
2.1 Zur Matrixorganisation
Die Matrixorganisation ist eine Mischform der reinen Linien- und der reinen Projektorganisation. In der Praxis hat sie die größte Bedeutung, da sie zum einen vorhandene Unternehmensstrukturen nutzt, zum anderen aber Projekte(rfolge) möglich macht. Bei Matrixorganisation werden drei Ausprägungen unterschieden:
- Schwache → Matrix (engl. Weak Matrix): Die Linie hat Vorrang. Die Projektmitarbeiter sind disziplinarisch weiterhin ihrem Linienvorgesetzten unterstellt. Der Projektmanager hat nur geringe Befugnisse
- Ausgewogene Matrix (engl. Balanced Matrix): Linientätigkeit und Projektmitarbeit stehen gemeinsam im Fokus. Die Mitarbeiter sind sowohl dem Linienvorgesetzten als auch dem Projektmanager unterstellt
- Starke Matrix (engl. Strong Matrix): Das Projekt hat Vorrang. Die Projektmitarbeiter sind disziplinarisch weiterhin dem Projektmanager unterstellt, der sich jedoch mit dem Linienvorgesetzten abspricht. Der Projektmanager hat weitreichende Befugnisse, insbesondere im budgetären Bereich
2.2 Vergleich der Organisationsformen
Welche Projektorganisationsform nun “optimal” ist, hängt vom Umfeld und vom Projekt selber ab. Bei kleineren Projekten ist es oftmals sinnvoll, die Linienstruktur zu nutzen, während große Projekte mit vielen neuen Elementen (F&E‑Projekte, Pionierprojekte) bevorzugt die Projektorganisation benutzen.
In der Praxis gibt es auch Mischformen der Organisationsformen. Zudem können je nach Phase in einem Projekt die Organisationsformen wechseln. Dies ist sinnvoll, wenn in einer bestimmten Phase (zumeist die Ausführungs- oder Realisierungsphase) besonders intensiv nach Projekt-Prinzipien gearbeitet werden muss.
Die wesentlichen Unterschiede der Organisationsformen sind in folgenden Punkten zu sehen:
- Befugnisse des Projektmanagers: Ist der Projektmanager stark in der Linie verankert, so werden die wesentlichen Projektentscheidungen nicht vom ihm getroffen. Er wird dann zum reinen “Projektkoordinator”
- Disziplinarische Einbindung der Mitarbeiter: Wenn die Mitarbeiter im starken Maße der Linie zugeordnet sind, so kann (je)der Linienvorgesetzte Einfluss auf das Projekt nehmen. Der Projekterfolg wird hierdurch erschwert
Abbildung 2.6: Vergleich der Organisationsformen
Welche Projektorganisationsform nun “optimal” ist, hängt vom Umfeld und vom Projekt selber ab. Bei kleineren Projekten ist es oftmals sinnvoll, die Linienstruktur zu nutzen, während große Projekte mit vielen neuen Elementen (F&E‑Projekte, Pionierprojekte) bevorzugt die Projektorganisation benutzen.
3. Projektgremien / Projektorganigramm
Über die Projektgremien wird definiert, welche Beteiligte (“Rollen”) in einem Projekt zu Tragen kommen. Ein Projekt muss zumindest folgende vier bis fünf Beteiligte aufweisen (Abbildung 3.1):
- Einen → Auftraggeber (intern oder extern; externe Auftraggeber werden auch als → Kunden bezeichnet), der Interesse an der Umsetzung des Projekts hat und auch die Mittel zur Umsetzung bereitstellen kann
- Ein verantwortliches Managementgremium (→ Lenkungsausschuss, engl. Steering Committee), welches das Projekt beauftragt, das Budget bewilligt, den Projektmanager benennt und während der Projektlaufzeit das Projekt grob steuert. Der → Projektsponsor ist immer Mitglied des Lenkungsausschusses
- Einen Projektsponsor (intern), der ebenfalls Interesse an der Umsetzung des Projekts und die Befugnis hat, für das Projekt kaufmännische Vorgaben zu machen und durchzusetzen. Er ist “interner Kunde”
- Einen Projektmanager, der für die Erfüllung des Projektauftrags und die Erreichung des Projektziels verantwortlich ist. Er ist “Unternehmer auf Zeit im Unternehmen”
- Ein → Projektteam (aus Projektteammitgliedern), welches die Aufgaben umsetzen muss. Das Projektteam besteht aus ständigen und temporären Mitgliedern
Ordnet man die Rollen hierarchisch an, so ergibt sich eine Darstellung, die auch als Projektorganigramm bezeichnet wird (Abbildungen 3.08 bis 3.10).
Abbildung 3.1: Projektgremien (minimal)
In Abbildung 3.2 wird die innere Struktur des Projektteams herausgestellt: Es wird zwischen dem Projektteam und dem Projektkernteam unterschieden.
Abbildung 3.2: Projektgremien (minimal mit Team)
Abbildung 3.3 zeigt zusätzlich noch die umgebenden Strukturen eines Projekts, die hinzugenommen werden können, was insbesondere bei größeren Projekten sinnvoll sein kann. Diese sind:
- Der Fachausschuss (auch → Review Board genannt), der fachliche Inhalte (mit-)entscheiden kann. Der Fachausschuss umfasst in der Regel zwei bis acht Personen
- Das → PMO — → Project Management Office: Dies ist ein strategisches Gremium, welches dem Projekt und insbesondere dem Projektmanager Hilfestellungen geben kann
- Das → Projektcontrolling wird häufig durch (projekt-)externe Organisationseinheiten vorgenommen
- Die Qualitätssicherung wird ebenfalls häufig durch (projekt-)externe Organisationseinheiten vorgenommen
- Das → Projektbüro — auch PO oder → Project Office genannt — setzt die rein (rein) administrativen Dinge des Projektalltags um
Abbildung 3.3: Projektgremien (maximal)
Es gibt noch weitere Projektgremien, die aber in der Praxis selten anzutreffen sind und daher in Abbildung 3.3 nicht aufgeführt sind.
Dies sind beispielsweise …
- der Projektmentor, der den Projektmanager bei der Projektarbeit unterstützt.
- der Projektbeirat, der das Projektteam bei der Projektarbeit unterstützt.
4. Der Zusammenhang zwischen Projektorganisation und Projektgremien
Aus der Organisationsform lässt sich ein der Aufbau der Projektgremien ableiten (Abbildungen 4.1 und 4.2). Bei einer reinen Linienorganisation gibt es bereits Organisationsstrukturen, die beachtet werden müssen. Daher sollte es im Projekt nur wenige Gremien und Rollen geben. Bei einer reinen Projektorganisation ist das Gegenteil der Fall: Da es keine weiteren, übergreifenden Strukturen gibt, müssen Organisationsstrukturen im Projekt selbst geschaffen werden.
Abbildung 4.1: Der Zusammenhang zwischen Projektorganisation und Projektgremien
Abbildung 4.2: Legende zum Zusammenhang zwischen Projektorganisation und Projektgremien
5. Der Zusammenhang zwischen Projektorganisation und Projektklassifikation
Je nach Projektklasse kann eine passende Form der Projektorganisation ausgewählt werden. In Abbildung 5.1 ist eine typische Zuordnung dargestellt. Generell gilt: Je größer das Projekt, umso mehr wird die Projektorganisation zur reinen Projektorganisation, sodass das Projekt → autonom unabhängig von der Linie / von den Fachabteilungsstrukturen agieren kann.
Abbildung 5.1: Die Zuordnung der → Projektklassen zu der Form der Projektorganisation
6. Häufig gestellte Fragen und Antworten (FAQ) zur Projektorganisation
Einige Fragen zur Projektorganisation werden häufig gestellt – diese werden hier wiedergegeben.
- F: Wer legt die Struktur der Projektorganisation in einem konkreten Einzelprojekt fest?
A: Dies ist in der Regel eine zentrale Instanz wie das PMO (Project Management Office). - F: Kann im laufenden Projekt die Organisationsform ausgetauscht oder verändert werden?
A: Generell sollte das vermieden werden.
Haben Sie noch weitere Fragen oder möchten Sie Ergänzungen an der FAQ vornehmen? Am besten schreiben Sie mir hierzu eine E‑Mail an: kontakt@peterjohann-consulting.de.
A. Präsentationen, Literatur und Weblinks
A.1 Meine Präsentationen und Veröffentlichungen
Beschreibungen zur Projektorganisation sind in folgenden → Präsentationen enthalten.
A.2 Literatur
Da die Projektorganisation ein zentrales Thema im → Projektmanagement darstellt, gibt es Beschreibungen dazu in fast allen Büchern zum Projektmanagement. Hier sind einige davon aufgeführt.
- /DIN20/ DIN: Projektmanagement. Netzplantechnik und Projektmanagementsysteme. DIN-Taschenbuch 472, Beuth, Berlin 4. Auflage 2020, ISBN 978–3‑410–30000‑7
- /GPM19/ Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement: Kompetenzbasiertes Projektmanagement (PM4), → GPM, Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement, Nürnberg 2019, ISBN 978–3‑924841–77‑5
- /Jenny19/ Bruno Jenny: Projektmanagement. Das Wissen für den Profi, Vdf Hochschulverlag, Zürich 4. Auflage 2019, ISBN 978–3‑7281–3967‑2
- /Kerzner17/ Harold Kerzner: Project Management. A Systems Approach to Planning, Scheduling, and Controlling, John Wiley & Sons, Hoboken, New Jersey 12th Edition 2017, ISBN 978–1‑119–16535‑4
- /Patzak17/ Gerold Patzak, Günter Rattay: Projektmanagement. Projekte, Projektportfolios, Programme und projektorientierte Unternehmen, Linde, Wien 7. Auflage 2017, ISBN 978–3‑7143–0321‑6
- /PBG17/ Project Management Institute: A Guide to the Project Management Body of Knowledge (PMBOK Guide), Project Management Institute, Philadelphia, Pennsylvania Sixth Edition 2017, ISBN 978–1‑62825–184‑5
- /PBG17‑d/ Project Management Institute: A Guide to the Project Management Body of Knowledge (PMBOK Guide), Project Management Institute, Philadelphia, Pennsylvania Sechste Ausgabe 2017, ISBN 978–1‑62825–188‑3
- /PBG21/ Project Management Institute: A Guide to the Project Management Body of Knowledge (PMBOK Guide) and The → Standard for Project Management, Project Management Institute, Philadelphia, Pennsylvania Seventh Edition 2021, ISBN 978–1‑62825–664‑2
- /PBG21‑d/ Project Management Institute: A Guide to the Project Management Body of Knowledge (PMBOK Guide) und Der Standard für das Projektmanagement, Project Management Institute, Philadelphia, Pennsylvania Siebte Ausgabe 2021, ISBN 978–1‑62825–695‑6
A.3 Weblinks
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Letzte Aktualisierung: 18.09.2021 © Peterjohann Consulting, 2005–2024